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Schwerbehindertenausweis und Behinderung

17 Aug

Frage: Einige Gehörlose meinen, sie wären nicht behindert. Besteht für diese Personen die Möglichkeit, den Schwerbehindertenausweis zurückzugeben?

Antwort von ehem. Behindertenbeauftragte der bayerischen Staatsregierung (I. Stein): Es steht jedem frei, seinen Schwerbehindertenausweis zurückzugeben. Sollte er jedoch weiterhin Nachteilsausgleiche in Anspruch nehmen wollen, ist es sinnvoll ihn zu behalten.

Zur Erinnerung: „Ich kenne keinen Gl, der keinen Ausweis hat.“(Original-Kommentar von Thomas Worseck) und „Wir sind nicht behindert.“ und Sind Hörgeschädigten behindert?

 
 

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8 Antworten zu “Schwerbehindertenausweis und Behinderung

  1. Regenbogen

    17. August 2011 at 17:47

    Wer hat denn diese Frage ernsthaft gestellt? 😉

    Na gut, andererseits fragen mich auch manchmal Leute: Ja, muß ich denn Sozialhilfe für die Oma im Heim beantragen?
    Eigentlich klar, sollte man meinen…..steht doch keiner mit ner Peitsche dahinter; wenn Oma selbst zahlen kann, nee….

     
  2. Hartmut

    18. August 2011 at 07:44

    Siehe meine ausfuehrliche Antwort im Thread „Wir sind nicht behindert“! Dort ist der Begriff von Behinderung eingehend dargestellt. Es herrscht leider noch eine politisch schaedigende Verwirrung ueber die Bedeutung des Begriffs.

    Der Schwerbehindertenausweis ist nur eine behoerdliche Methode, betreffende Personen als behindert zu erfassen, die Anspruch von im Gesetz festgelegten Ausgleichsmassnahmen oder -vorrichtungen haben, mehr nicht. Verschiedene Nationen loesen das Problem der gesellschaftlichen Behinderungen verschieden. Viele Laender benutzen keine SBA. In den USA z.B. braucht eine taube Person keinen Ausweis, um das Recht fuer einen GS-Dolmetscher einzufordern. Fuer andere Rechte genuegt manchmal nur ein Audiogramm vorzuzeigen, z.B. fuer eine Sonderregelung bei der Pruefung fuer einen Fuehrerschein.

    Die Verbindung von Abgeben von SBA und Behauptung „ich bin nicht behindert“ ist einfach Unsinn, weil es ganz auf einer falsch gefassten Bedeutung von „behindert“ basiert ist. Es ist ganz logisch zu sagen „Meine Taubheit behindert mich nicht“, aber in diesem Staat brauche ich den SBA, um mir die gesetzlich zustehenden Ausgleichsmassnahmen zu nutzen. Welche Ausgleichsmassnahme und wie sie finanziert wird ist immer schwierig zu erstellen. Manchmal wird aus Bequemlichkeit ein Mittel gewaehlt, das die Behinderung nicht vermindert, statt die manchmal schwierige Umstrukturierung der Infrastruktur anzupacken (z.B. Freifahrt statt Rampen und Kommunikationsumgestaltung bei der Deutschen Bundesbahn, kein GEZ statt UT).

     
    • He write silent

      18. August 2011 at 12:31

      Bedenke einfach, dass der Größteil der Bevölkerung nunmal die Hörende Welt ist und ich selber habe schon oft mitbekommen und kenne viele Gehörlose, dass sehr sehr sehr viele Gehörlose auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen sind. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in den USA und irgendwo auf Welt habe ich selbst hautnah erlebt. Sind das nicht Leben mit Behinderung? Und übrigens teile ich dir mit, plant EU europaweit zwischen 2015-2020 europäischen Behindertenausweis.

       
  3. Hartmut

    18. August 2011 at 23:27

    Das Wort „behindert“ definiert sich nicht, ob man auf Hilfe anderer Menschen angewiesen ist. Wenn jemand einen Koch, Gaertner, Arzt, Krankenpfleger, Buchhalter, Dolmetscher usw. usw. angewiesen ist, ist er gleich ein Behinderter? Mensch sind halt alle verschieden in den Faehigkeiten. Auch arme und arbeitslose Menschen werden behindert durch soziale und wirtschaftliche Ungerechtigkeiten, sonst nichts, denn sie haben keine koerperlichen Mankos.

    Behinderung definiert sich allein, dass Barriere und Diskrimierungen existieren und abgebaut werden muessen, um eine soziale Gerechtigkeit herbeizufuehren. Behindertenverbaende entstehen, um dieses Ziel zu erreichen, nicht um sich zu definieren, was sie sind. Wenn sie vielerorts weg sind (es braucht nicht ueberall 100%ig barrierefrei zu sein), gibt es keine Behinderten mehr, sondern nur taube, blinde, gehunfaehigen, rechenschwach, denkunfaehigen, haesslichen, fetten, usw usw. Menschen.

    Warum ist denn ein solcher Ausweis wichtig? Es geht gut auch ohne. Wichtiger ist das Abbauen der Barriere und Diskriminierungen. USA und Schweden kennen keinen solchen Wisch, aber sind verhaeltnismaessig barrierefreier als Deutschland.

     
    • He write silent

      19. August 2011 at 08:38

      Ich darf Ihnen sagen, ich habe auch solche Schwierigkeiten bzw. gleiche Behinderung wie die gehörlosen Menschen und fühle mich deshalb auch behindert. Ich persönlich nehme die ausreichende und umfassende Informationsaufnahme vom Mundablesen von hörende Menschen nicht hundertprozentig wahr, meistens beschränkt. Deshalb ist eine Behinderung für mich, was in Sachen Kommunkation für mich betrifft. Die Leistungsfähigkeit von hörgeschädigten Menschen darf nicht überschätzt werden, wenn er sie alles mitbekommen können.
      Hast du denn vergessen, warum Ausweis in Deutschland und bald für Europa wichtig ist? zum Beispiel: es gibt besserer Kündigungsschutz (Ohne Intregrationsamt kann uns nicht gekündigt werden – Folge: ohne Ausweis und SchwB-Gesetz -> massive Diskriminierungen); keine Überstunden (Ohne unsere Einwilligung müssen wir keine Überstunden machen, dürfen sie verweigern); frühe Rente….. und und und vieles mehr. In den USA gibt es sowas nicht. Bleib bitte auf dem Teppich.

       
  4. not quite like beethoven

    20. August 2011 at 12:51

    Das Wort „Behinderung“ sorgt hier für Verwirrung (und das Wort „Ausweis“). Aber eigentlich ist es doch ganz einfach, oder? Es gibt halt Leute, die sagen, sie sind nicht behindert, wohl aber benachteiligt. Auf letzteres können sich vermutlich alle einigen.
    Nur leider steht halt auf dem Papier „Schwerbehindertenausweis“ und das wird sich so schnell nicht ändern. Obwohl genauso auch draufstehen könnte: Persönliche Berechtigungskarte für Nachteilsausgleiche.

     
    • Hartmut

      24. August 2011 at 22:06

      Wenn ein Ausweis als hilfreich in einem Staat ist, dann waere die Bezeichnung „Nachteilsausgleichskarte“ mit Zusatz „blind“, „taubblind“, „taub/gehoerlos“ usw. wohl treffender. Wie gesagt, kann man Nachteilsausgleiche per Gesetz auch ohne Ausweis bekommen. Es besteht keinen zwingenden Zusammenhang zwischen den beiden.

      Behinderung fuer taube und schwerhoerige Menschen entsteht NUR im Umgang mit hoerenden Menschen und wird durch in der Gesellschaft herrschenden Audismus erhaertet, z.B. durchs Bestehen auf exklusiver oraler Kommunikation und Weigerung von Bezugspersonen, manuelle Kommunikation sowie Schrift zu benutzen. Das Lippenlesen als exklusive Kommunikationsmittel sollte allgemein schon als ungenuegend nicht in Betracht kommen. Folglich ist es selbst behinderungsbringend, wenn darauf bestanden wird, also eine Behinderung, gerade weil es von vorn herein nicht erwartet wird. Das heisst natuerlich nicht, dass man nie lippenlesen darf.

       
  5. Regenbogen

    20. August 2011 at 18:08

    @Not quite:
    Laß mal nen Wettbewerb machen, wer sich dafür das komplizierteste Wort in Beamtendeutsch ausdenken kann. 😉
    Der Sieger bekommt einen Smilie-Stempel in seinen Ausweis…..und den ersten, der den neuen Namen dann trägt. 😀

     

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